letzter Spaziergang (Schwaz)
Einer der letzten Spaziergänge in Schwaz. Am frühen Abend, als es noch hell ist, gehe ich aus dem Kloster heraus – wie immer schwingt die automatische Glastür erfreut auf, als sie wahrnimmt, dass jemand unter ihrem Sensor hindurchgeht. Auf dem Vorplatz sitzt womöglich...
Der Fischmarkt
Seit einigen Tagen schon hier, fast eine Woche. Wie sich alles gewandelt hat, wie die Pläne sich verwandeln müssen. Wir müssen elastisch bleiben, uns dehnen und biegen, in unseren Sporthosen, in unseren Vorhaben – wir müssen bereit sein zur radikalen Veränderung, sie...
Le néant
Nach Tagen überfällt die Gewohnheit einen und sie überfällt einen teuflisch. Ich stieg fest in die Pedale des blau lackierten Fahrrads, Blumen wippten an der Klippe eines Flechtkorbs, der ebenfalls blau bestrichen an der ausschweifenden Lenkstange befestigt war. Wir...
der Zustand
Wir hatten nur diese zwei Räume, die von der geraden Treppe miteinander verbunden waren. Den oberen und den unteren Raum. Seit zwei Tagen durften wir nicht mehr hinaus. Es war eine Verordnung von „oben“, von staatlicher Seite, staatlicher Stimme, die sprach – sie...
Kinderspiele
Vor dem Fenster spielen die Kinder, kleine Kinder in bunter Spielkluft, sie spielen anders als die Figuren auf Brueghels Gemälde. Sie sehen auch völlig anders aus. Im Begleittext zu dem Gemälde „Kinderspiele“ steht, es fehle die Ausgelassenheit und Sorglosigkeit, mit...
Zintberg
Einen Spaziergang in den Pirchanger, die Hänge, die Hänge, sagen wir und es steigt steil an, es steigt steil an in dieser Stadt. Manchmal glaube ich mein Hunger ist größer hier, der Hänge wegen, die ich immerfort hinaufsteige – oder ist es die Bergluft. Ich erzählte...
Die Katzen vom Pirchanger
Die Katzen vom Pirchanger, fünf oder sechs, drängen sich um eine Hoftür, in der ein Mann gerade verschwindet. Sie sind gestreift, gepunktet, weiß und schwarz. Eine von ihnen sitzt auf einem kleinen Tisch neben der Tür und dehnt sich auf der runden Platte, die anderen...
Verona II
Café Antico Santa Anastasia vor der Kirche mit demselben Namen, die ich gestern durchschritten habe. Eine Panoramascheibe zur Straße, manchmal schauen die vorübergehenden so starr herein, als könnte ich sie nicht sehen oder als sei ich ein Ausstellungsobjekt, ähnlich...
Verona
Eine Überquerung der Alpen und die Kulisse ist verändert. Am Brenner liegt raue Luft auf den Bergen, der Schnee fällt auf die hoch aufragenden Massen von hartem Gestein. Eine Lokomotive steht unter dem Berghang und dampft, keine Menschen. Es könnte ebensogut 1890...
Schnee
In einem Balkonausschnitt hängt Wäsche auf einer Leine, es sind etwa drei lange Hosen, zwei davon gemustert und drei Oberteile mit langen Ärmeln. Ich schaue interessiert hin, will sie mir einprägen für eine Zeichnung später. Ich schaue so genau hin, dass ich...
nach Rattenberg
Das Kloster steht im Dunkeln wie ein aufgeschlagenes Buch. Ich habe es schon gesehen, dennoch erscheint es mir an diesem Abend anders, erneut leuchtet es vor dem Schirm der Nacht, die herabgefallen ist. Schwarz sind die Figuren auf einer Erhöhung an der Längsseite der...
Stoff Museum
Im Knappenanger ein ausgetrocknetes oder erfrorenes Rinnsaal, das steinerne Flussbett ganz mit Mehl bedeckt. Über einen hölzernen Steg gehe ich auf die andere Seite, wo kleine Häuser in lila und grün sich ordnen. Darüber der bleiche Himmel und die Berge von allen...
Galerie
In das Bäckerei-Café eingekehrt, nach dem Besuch der Galerie der Stadt Schwaz. Ich gehe häufig diese Altstadtstraße entlang, manchmal ist sie menschenleer. Am Ende steht die große Kirche, die von vielen Stellen im Ort aus sichtbar ist, vom Waldweg aus gesehen, hebt...
Pill
25.01.2020 Wanderung nach Pill. Ein winziges Stück Käse im Schnee auf dem schmalen sich windenden über Hügel und Schluchten hinwegführenden Waldweg. Ich notiere es bevor ich es vergesse, das gelbe Fragment im weißen Schnee. Hier gibt es noch Schnee – „da ist die Welt...
erste Tage
Die Berge gegenüber der Wohnung, weiß besteckt. Milchpfützen um Kufstein. Wir sind etwas trinken gegangen in ein gelbbraunes Lokal, unten am Inn. Es ist eine eher kleine Stadt, die man schnell durchschritten zu haben scheint. Im Dunkeln liegt der Ausschnitt einer...
EINKEHRAUS (norbert c. kaser, ein letztes mal im gepäck)
werden zu schwazer silber (norbert c. kaser) einkehr ein reinkehren ins andere land mit augen aus glas / in diesem mondschein sonnseitig sein mit gebrochnen / augen im schatten des surheim deinen nebelschal tragen / mit josef opperer vielleicht am ende des...
in den berg, faltnwurf (kling)
in den berg fahren; im kopf die formulierung wiederholen, sie wenden, sie eindrehen, dieses in, so ein kleines wort, so eine wucht aber dahinter, das in den berg sich also begreifbar noch besser sichtbar machen. von außen schwer möglich. von außen der berg, der...
gleißende stille dann
sich einfinden, beim gemeinsamen frühstück, hier im haus franziskus, so schön eingedeckt alles, in weiß auch; sich einfinden an einem frühmorgen, an dem keine hochzeit nachgefeiert, sondern ein bevorstehender tod verkündet wird, vorsichtig, »man kommt sich bloß und...
hotel toleranz, musil im gepäck
donnerstag, 15.11.18 ein monat bereits vergangen, die ankunft schon vergangenheit, vieles neue bekommt das gesicht des bekannten; so ein schönes gefühl. darin auch: das aufblitzen von gesammelten bildern, visuellen versatzstücken, die sich in mir festsetzen, ohne dass...
immer lehnt am felsen die weiße nacht (trakl)
dienstag, 13.11. der berg und ich führen ein gespräch, seit tagen schon, seit nächten auch, eine seltsamsprache ist das, eher eine gebärde. vielmehr ein gebärden aus schwarz und weiß, in der flucht meines blickwinkels, auf dem spiegel meiner iris, falls das überhaupt...
drei orte, ein text: gemeinsam »stadtschreiben«
krahvogel (in der wolfsklamm)
nachtrag (zeitlos) KRAHVOGEL kämmt dir dein hirn durch berg und tal drängt dich ins leere / ins jetzt macht dich klamm am berg würdest du schwinden / bindest wörter am gefüße der vögel ist meistens nichts los / weiter oben erst teilen schnäbel luft in...
tschiggin
sonntag, 4.11.2108 auf dem weg in die freiheitssiedlung sein, einer der vielen brüche jenseits der altstadt. für wenig geld konnte man dort leben, auch jetzt wieder, aber leben konnte man dort, immerhin. auch in den zeiten, als menschen über grenzen geschoben...
die im dunkeln sieht man nicht
freitag, 2.11.2018 und die einen stehn im licht, und ob ich vom berggericht wüsste, fragt mich jemand bei jana im café, und ich schüttel verneinend den kopf, und ob ich wüsste, dass es in der pfarrkirche hier getagt habe, damals zur glanzzeit des silberbergwerks, und...
am mondscheinplatz
mittwoch, 31.10.2018 Leider ist nicht alles Mond, was Silber ist, aber silbern, silbrig ist hier eigentlich alles in der stadt, zumindest auf den ersten blick, glänzt die oberfläche, der wasserspiegel, die bergspitzen glänzen oder wie man das nennen mag, je...
kleine weite
freitag, 26.10.2018 kleine weite. so nennt ulla das. also den abstand, den man hier in so einem tal haben kann oder vielleicht sogar braucht. der manchmal schwer zu finden ist. und sie sagt, dass es weiter oben eng werden kann. weiter oben, das bedeutet, am berg. in...
wer ist denn schon?
dienstag, 23.10.2018 wer ist denn schon bei sich, wer ist denn schon zu hause, und dass ich mein geliebtes elfriede-gerstl-buch zuhause liegen habe lassen, denke ich, in eben diesem genannten zuhause, und dass das ein wenig schade ist, so ein gedankensplitter auf dem...
auf der sonnseite
freitag, 19.10.2018 brüche suchen, brüche finden, brüchig werden. außerhalb der stadt, vielmehr der altstadt, eben hier, auf der sonnseite. so stehts im plan, so ist der name verzeichnet, jenseits des inns, zumindest in meinem stadtplan. wie so vieles in diesem plan...
hier ists so wie anderswo
mittwoch, 17.10.2018 hier ists so wie anderswo den herrn hans treffen. vielmehr ihn kennenlernen, kurz. in hall in tirol, vier s-bahnstation von schwaz richtung innsruck, gerade mal eine viertelstunde fahrt, und der herr hans geht mit seinem rollator die schmalen wege...
ich sitze am äußersten rand eines astes (mayröcker)
montag, 15.10.2018 ich sitze am äußersten rand eines astes vor dem fenster, der berg bleibt. nachts verschwindet er, wird verschluckt. das dunkel klüftet mein hirn, das hirngeschalte. irgendjemand ersetzt die sterne, irgendetwas leuchtet anstelle ihrer. vielleicht nur...