Anna Kim liest aus ihrem Roman Anatomie einer Nacht (Suhrkamp 2012) und aus ihrem Essay Invasionen des Privaten (Droschl 2011).

Anna Kim wurde 1977 in Südkorea geboren. 1979 zog die Familie nach Deutschland und schließlich weiter nach Wien, wo die Autorin seit 1984 lebt. Von ihr sind bisher u.a. die Erzählung Die Bilderspur (2004), die Romane Die gefrorene Zeit (2008) und Anatomie einer Nacht (2012) sowie der Essay Invasionen des Privaten (2011) erschienen. Für Die gefrorene Zeit erhielt sie 2012 den Literaturpreis der Europäischen Union.

Invasionen des Privaten: Nach Grönland fahren, um sich selbst zu finden? In den Inuit, den Ureinwohnern dieses Landes, die Paradigmen der eigenen Existenz entdecken? Genau das beschreibt Anna Kim in ihrem Bericht über diese polare Insel, deren landschaftliche Schönheiten so weit weg sind von allem, was die Touristik uns als schön anpreist.

Anatomie einer Nacht: In der Nacht vom 31. August auf den 1. September 2008 nehmen sich in einer kleinen Stadt im verarmten und weitgehend isolierten Osten Grönlands elf Menschen das Leben. Wie eine Epidemie breitet sich der Freitod in allen gesellschaftlichen Schichten und Altersgruppen des Ortes aus, dessen Bewohner sich „durch eine Berührung oder einen Blick infiziert“ zu haben scheinen. Oberflächlich betrachtet, stehen diese Selbstmorde in keinerlei Zusammenhang, nur einige der Toten kannten sich flüchtig. Und doch fragt sich der außenstehende Beobachter: „Ist es nicht ein Trugschluss zu glauben, das Leben eines Einzelnen habe Bedeutung nur für sich betrachtet? Genauso wenig wie der Tod eines Einzelnen Sinn macht, isoliert vom Leben der anderen.“ – Behutsam und in eindringlichen Bildern folgt die Autorin den lebensgeschichtlichen Verzweigungen ihrer Figuren und gibt Antwort darauf, warum diese eine Nacht nur so ablaufen konnte, wie sie ablief.

„Anna Kims Roman steht in großen Traditionen, und wenn mit diesem Buch etwas bewiesen ist, dann vor allem eines: dass es eine hellsichtige Literatur braucht, um durch ein großes Dunkel zu führen, das so viel größer ist, als es eine einzige Nacht je sein könnte.“ (Paul Jandl, Die Welt)

 

 

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