in den berg fahren; im kopf die formulierung wiederholen, sie wenden, sie eindrehen, dieses in, so ein kleines wort, so eine wucht aber dahinter, das in den berg sich also begreifbar noch besser sichtbar machen. von außen schwer möglich. von außen der berg, der silberne, ja unverwundet, zumindest in großen teilen, lässt nichts von seinen adern spüren, dem inneren geflecht, unterm oder hinterm massiv, je nach sichtweise. von außen gibt’s nur ein auf den berg, ein auf dem berg sein, immer an der oberfläche, kleinen oder großen wegen entlang, manchmal verloren, manchmal in bachmanns wort des unverloren seins , im schatten, im dunkel eines kreuzweges, der berg und ich, das innere zu bergn zu verbergn
lese ich bei thomas kling und von zackn, faltnwürfn, die mir jeden morgen in die augen stechen, das fenster gefüllt bis obenhin, der berg vor mir, also einer der berge, ein gebirge ists eigentlich, und das zusammenschieben der wörter findet schon in meinem mund statt, und bei gebirg denk‘ ich an büchners lenz, und diesen einen satz Am 20. Jänner ging Lenz durchs Gebirg und lenz geht nicht auf den berg, er geht durchs gebirg, durch diesen einen ort, zusammengesetzt aus faltnwürfn vergangener zeit, und dieser 20. Jänner so ein wichtiges datum, nicht nur für den lenz, auch für celan, weil jeder sich sein eigenes datum einschreibt als ausgangspunkt fürs innere gebirg vielleicht
und helm und mantel machen mich zu jemand anderem, das ausstaffiert sein durch eine andre hand, so ist das also, wenn man in den berg will, und ich weiß gar nicht so richtig, ob ich das will, und schneller als mir lieb sitze ich auf der kleinen bahn, metallen, der rote lack abgeblättert, kalt fühlt sich alles an, die enge (»hat jemand platzangst von ihnen?«, so die frau an der kasse), und ich weiß es gar nicht genau, weiß nur, dass wir gleich in die faltnwürfe reinfahren, sowas ungeheuerliches, denke ich jetzt, ins gebauschte dunkel
und das aufrücken der bahn, das loshackern, losrattern, so ein gestottere verrückt mir die sprache, und ob sprache auch was mit helligkeit zu tun hat, mit einem licht fassen, überlege ich, als wir in den berg fahren, in den berg hinein also, in den stollen, sieben minuten werden es sein, achthundert meter in die tiefe, fünfhundert jahre geschichte, das aufgleißen der dunkelheit, so eine feuchte plötzlich im gesicht, dazwischen ein gelbglimmen hinter glas, etwas weiches, jäh zerrissen vom geblitze eines fotoautomaten, unguter überraschungsmoment, die neue zeit, das moderne, so ein keil auf dieser fahrt, bevor das rattern, das gestottere der bahn immer lauter wird, ein hin- und hergeworfensein zwischen engen wänden, der kopf dazwischen, faltnwürfe lautgemalt,
und wie die leute früher in den berg gekommen sind, und dass sie siebenundzwanzig jahre für den stollen gebraucht haben, eine ganz generation an bergleuten, die sich in den berg hineingearbeitet, ihm jeden schritt ins innere mit händen abgerungen hat, dem erz, dem silber nach, diesem grünglänzenden versprechen, die füße in leinen, im wasser, die stollen ja nie ganz trocken, mein helm jetzt nass, der silberne überwurf, und die stimme des führers (jaja, dieses wort immer wieder), eine bündige umklammerung, und dieses seltsamgefühl hier zu gehen, vorsichtig, in einem der stollen, ins innere, in den berg ja also
das massiv um mich, um einen, hier und da alte schienen, alte tafeln mit wortwerk aus dem bergbau, gugl etwa, oder soleisen, also zum bergn, zum aufbergn, ein faltnwurf aus sprache, und fast schon automatisch gehe in der gruppe weiter, folge stollen und treppen, ziehen den mantel enger, schiebe den helm nach hinten, spüre, dass mein aug‘ sich eingewöhnt, nachtäugeln, hier im halbdunkel, in der halbhelle, im berg, und wie viele menschen hier ihr leben gelassen haben, allein beim versuch neue stollen zu sprengen, die idee, schwarzpulver in kleine löcher zu stopfen, mit strohhälmen, und helle kanarienvögel in den stollen, rauchmelder seien sie gewesen,
und ich kriege das bild nicht hin, kann es nicht einstellen in meinem kopf, kanarienvögel im stollen, und während ich es versuche, steige ich wieder auf die bahn, sieben minuten aus dem berg, auch das also gibt es, achthundert meter aus dem berg, das rattern, noch schneller, der schacht noch dunkler, noch feuchter, mein hirnbergn, das aufreißen,
das ganzhelle, das aus dem berg sein, ein unüberhörbares weis-
ses rauschn, ein innerer faltnwurf.